08.07. - 10.07.2019 La Paz - Coroico
Vom kühlen Altiplano in den feuchtwarmen Gebirgsregenwald - auf unserer Fahrt von La Paz nach Coroico durchlebten wir so fast alle Klimazonen Südamerikas. Die neue Yungas-Strasse windet sich über 54 Brücken in vielen Kurven entlang der steilen Berghänge. Die Yungas-Täler sind dank des Klimas sehr fruchtbar. Hier werden grosse Mengen an Coca angebaut. Aber nicht nur die Coca-Pflanze, sondern auch Früchte und Kaffee gedeihen hier wunderbar. So landeten wir in der Kaffee-Plantage Munaipata.
Anders als man es von anderen Plantagen kennt, wachsen die Kaffeesträucher hier völlig ungeordnet zwischen Zitrusbäumen - dies um dem Kaffee die gewünschte Geschmacksnote zu verleihen. Zwischen 1400 und 1900 M.ü.M. hätten sie ausserdem kaum Probleme mit Läuse- und Wurmbefall, erzählte uns Pasquala, die leidenschaftliche Kaffeerösterin. Sie pflückte uns frische, fruchtig süss schmeckende Kaffeekirschen, die wir später von der dicken Schale trennten. Was wir bislang nicht wussten, aus den getrockneten Schalen kann man sich eine Art Eistee aufgiessen und „Refresco de Sultana“ schmeckt ausgezeichnet. Trocknen, Lagern, Schälen, Rösten... bei allen Arbeitsschritten konnten wir mitmachen, was echt interessant war. Zu guter Letzt wurden uns fünf Röstungen zur Degustation vorgeführt.
In den Berghängen der Yungas gibt es zahlreiche Wasserfälle. Drei davon liegen wenige Kilometer ausserhalb Coroicos, wo wir uns hinfahren liessen. Einheimische badeten oder duschten hier und wuschen gar ihre Wäsche, was leider wieder mal zeigt, dass der Umweltschutz noch nicht ganz in Bolivien angekommen ist.
11.07.2019 Ruta de la Muerte
Über die neue Yungas-Strasse sind wir gekommen, über die alte wollten wir zurück fahren. Sie wurde in den 1930er Jahren erbaut und war bis Ende 2007 die einzige zweispurige Verbindung aus dem Regenwald nach La Paz. Ohne Leitplanken, dafür mit viel Regen, Nebel und Steinschlag galt sie als gefählichste Strasse der Welt. Die vielen Kreuze am Strassenrand zeugen von den bis zu 300 Todesfällen pro Jahr, die oft wegen der viel zu schwer beladenen breiten Lastwagen geschahen. Heute, mit der neuen Umfahrung, ist die Strecke vorallem bei Radfahrern beliebt... und bei Spinnern wie wir es sind.
Nachmittags, als die Biker die Ruta de la Muerte hinter sich hatten, konnten wir in das Abenteuer starten. Ja, manche Stellen waren ganz schön knapp und liessen den Puls zugegebenermassen steigen. Auf der äusserst schmalen, unbefestigten Strasse, kam der teils über 600 Meter tiefe Abgrund manchmal gefährlich nah. Doch wir haben den Nervenkitzel „Ruta de la Muerte“ überlebt und würden es glatt nochmals tun... vorausgesetzt man fährt, wie wir, von Coroico aus, denn es herrscht Linksverkehr, was das Kreuzen für uns etwas leichter machte.
12.07. - 14.07.2019 Altiplano - Potosí
Schluss mit den actionreichen Strecken - nach der Ruta de la Muerte lagen eher langweilige Kilometer vor uns. Die Fahrt führte uns durch das karge, kalte und kaum besiedelte Altiplano Boliviens in unser nächstes Ziel: Potosí.
Silber - das war es, was Potosí so reich machte. Im 17. Jahrhuntert gehörte die Stadt gar zu den grössten der Welt. Rund um die zentrale Plaza ist der einstige Reichtum sichtbar, denn die prächtigen Bauten sind allesamt im Kolonialstil gehalten. Doch ansonsten wirkte Potosí auf uns eher ärmlich und die Menschen verlebt.
Die angeblich besten Salteñas Boliviens sollen in Potosí gemacht werden. Hier sollen die Teigtaschen besonders saftig und würzig sein... davon wollten wir uns selbst überzeugen. Ja, sie waren lecker, doch wir sind nach wie vor begeisterte Empanada-Esser, da kann keine Salteña der Welt mithalten.
15.07.2019 Silbermine am Cerro Rico
Schon als 12-jähriger Junge arbeitete er im Cerro Rico anstatt zur Schule zu gehen, unser Guide Beto. Und so ist es noch Heute, denn rund 10% der 8000 Minenarbeiter seien Kinder. Wir waren uns im Vornherein bewusst, dass diese Minen-Tour ein, in jeglicher Art, bedrückendes Erlebnis sein würde...
Unsere Tour begann am Mercado de los Mineros, dem einzigen öffentlichen Markt weltweit, an dem man legal Dynamit kaufen kann. Genau das machten wir: Als Mitbringsel für die Mineros besorgten wir Coca-Blätter, Getränke und eben, das besagte Dynamit.
Nachdem wir in einer der Schmelzhütten gesehen hatten, wie das Edelmetall vom Gestein getrennt wird, ging’s ab unter Tage.
Die Tunnel sind eng, die Luft stickig, die Stützbalken modrig. Das Innere des Cerro Rico ist ein einziges, beengendes Labyrinth. Kein Wunder, dass die Silbermine als eines der gefährlichsten Bergwerke überhaupt bezeichnet wird. Hier herrschen Arbeitsbedingungen, wie wir sie noch nie gesehen haben... mit Coca und 96%igem Alkohol benebelt, scheint das Ganze für die Mineros etwas erträglicher zu sein. Unter der Erde sind die Bergarbeiter dem Teufel ganz nah. In manchen Höhlen traffen wir deshalb auf Tio Jorge, dem Alkohol, Zigaretten, Coca-Blätter und sonstige Opfergaben gebracht wurden in der Hoffnung, dass die Wünsche erfüllt werden.
Die Männer im Berg schuften unglaublich hart. 200kg wiegt eine volle Schubkarre und gut 70x fährt er damit raus und wieder rein. Und doch bleibt am Ende oft nicht viel übrig, ausser einer kranken Lunge und einem Alkoholproblem weshalb die Mineros oft nur 40 bis 50-jährig werden.
Die Tour war sehr interessant, da wir alles hautnah miterleben konnten. Aber auch genau deswegen war es erschütternd und stimmte uns nachdenklich...
16.07. - 20.07.2019 Sucre
Wir fuhren nach Sucre, in die eigentliche Hauptstadt Boliviens. Auf 2800 M.ü.M. befanden wir uns wieder in einem milderen und angenehmeren Klima - ja, es war richtig frühlingshaft. Sucre gilt als eine der schönsten Städte Südamerikas und wurde 1991 von der UNESCO als Weltkulturerbe geschützt. In der Tat, „die weisse Stadt“ mit ihren Kolonialbauten hat es auch uns angetan. Im Gegensatz zu anderen Städten Boliviens sind die Häuser hier 1. fertig gebaut und 2. hell gestrichen, was Sucre einladend, freundlich und sauber erscheinen lässt. Wir schlenderten durch die hübsche Altstadt, genossen die Aussicht vom Glockenturm der Iglesia La Merced, beobachteten das Treiben auf der Plaza 25 de Mayo und kosteten unbekanne Früchte auf dem Mercado Central.
21.07. - 22.07.2019 Puka-Puka - Tarabuco - Sucre
Puka bedeutet „rot“ in der Sprache der Quechua - Rot wie das Land, gut 68 km ausserhalb Sucres, in Puka-Puka. In diesem kleinen indigenen Nest leben 750 Menschen in Einklang mit Pachamama, der Mutter Erde. Hier wird traditionell gewebt, getöpfert und musiziert. Die handgemachte Kleidung und der Kopfschmuck haben sich seit jeher nicht verändert. Dieser Besuch und die interessanten Begegnungen werden uns in guter Erinnerung bleiben. Bevor wir nach Sucre zurück kehrten, bummelten wir über den Sonntags-Markt in Tarabuco, wovon wir uns etwas mehr erhofft hatten... nur ein paar wenige Stände boten die farbenfrohen Textilien aus bolivianischer Webkunst, ansonsten hätten wir uns hier mit allerhand Unnützem eindecken können.
Und plötzlich ging alles ganz schnell... Visum für Ernesto verlängern, Flug buchen, Auto waschen, Alles aufräumen und die Rucksäcke packen... nach genau 8 Monaten und 4 Tagen unterwegs, ist es Zeit für eine Pause in der Heimat. Niemand rechnet in der Schweiz mit uns... wir sind gespannt auf die fassungslosen Gesichter unserer Liebsten wenn wir sie zuhause überraschen und freuen uns riesig sie alle wieder zu sehen. Bis am 1. Oktober wartet Ernesto in einem sicheren Hinterhof in Sucre auf uns. Dann geht unsere Südamerika-Reise in die zweite Runde durch Bolivien, Peru, Ecuador und Kolumbien - was uns da wohl erwarten wird? Wir werden‘s erleben und ihr könnt es wie immer hier lesen...